VfGH Gz E134/2016 vom 15.03.2017

Nachversteuerung von Verlusten ausländischer Gruppenmitglieder
Der Verfassungsgerichtshof hält die Regelung der Gruppenbesteuerung, wonach die in Österreich geltend gemachten Verluste ausländischer Gruppenmitglieder nachversteuert werden müssen, sobald das ausländische Gruppenmitglied aus der Gruppe ausscheidet, für verfassungskonform.
Nach Ansicht des VfGH ist die Nachversteuerung Bestandteils des Konzepts der Gruppenbesteuerung, weil grundsätzlich hinsichtlich der Zurechnung von Auslandsverlusten keine dauerhafte Verlustverwertung vorgesehen ist. Dass die Nachversteuerung auch eintritt, wenn das Ausscheiden des ausländischen Gruppenmitglieds auf grund gesetzlicher Anordnung erfolgt, ist ebenfalls verfassungskonform.

 

Aus der Entscheidung:

1.1. Zur behaupteten Ungleichbehandlung von Gruppenmitgliedern in Staaten mit umfassender Amtshilfe und ohne umfassende Amtshilfe:
Die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 geschaffene Differenzierung der Gruppenzugehörigkeit ausländischer Körperschaften je nach Bestehen einer "umfassenden Amtshilfe" ist – entgegen der Behauptung der beschwerdeführenden Gesellschaft – nicht unsachlich: Von "umfassender Amtshilfe" kann ausgegangen werden, wenn der zwischen den betreffenden Staaten vereinbarte Informationsaustausch über den Umfang der für die reine Abkommensanwendung erforderlichen Informationen hinausgeht. Der Gesetzgeber geht zu Recht davon aus, dass das Bestehen einer umfassenden Amtshilfe vor dem Hintergrund der damit verbundenen Überprüfungs- und Kontrollmöglichkeiten der österreichischen Finanzverwaltung ein sachliches Kriterium dafür sein kann, ob eine ausländische Körperschaft als Gruppenmitglied in Betracht kommt, setzt doch die Zurechnung des Ergebnisses voraus, dass dieses unter Anwendung des ausländischen Rechtes ermittelt und unter Anwendung des inländischen Steuerrechtes "umgerechnet" wird. Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft ins Treffen geführte erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen mag zwar ein alternatives Konzept zur Überprüfung eines Auslandsverlustes bieten; dies führt aber nicht dazu, dass das Anknüpfen des Gesetzgebers an das Bestehen einer umfassenden Amtshilfe unsachlich wäre.

1.2. Zur Sachlichkeit der Nachversteuerung
1.2.1. Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er anlässlich der Einführung der umfassenden Amtshilfe als Kriterium für die Zulässigkeit der Einbeziehung ausländischer Körperschaften in die Gruppenbesteuerung anordnet, dass im Fall des Fehlens einer umfassenden Amtshilfe ausländische Gruppenmitglieder, die bis zur Einführung dieses Kriteriums die Voraussetzungen für die Gruppenzugehörigkeit erfüllt haben, ex lege aus der Gruppe ausscheiden. Das Konzept der Gruppenbesteuerung sieht grundsätzlich hinsichtlich der Zurechnung von Auslandsverlusten keine dauerhafte Verlustverwertung vor, sondern beruht auf dem Prinzip der Nachversteuerung. Danach sind zugerechnete Verluste spätestens im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Gruppe (etwa im Fall der Veräußerung der Beteiligung) nachzuversteuern (§9 Abs6 Z7 KStG 1988). Dem Gesetzgeber kann vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes nicht entgegengetreten werden, wenn er diese Rechtsfolge auch für den Fall eines ex lege Ausscheidens vorsieht.
1.2.2. Mit der Behauptung, dass §9 Abs6 Z7 iVm §26c Z45 lita KStG 1988 auch zur Nachversteuerung solcher Verluste führe, die auf Grund lokaler (kasachischer) Regelungen, die eine Begrenzung des Verlustvortrages auf drei Jahre (bis 2008) bzw. auf zehn Jahre (ab 2009) vorsähen, bereits verfallen seien, vermag die beschwerdeführende Gesellschaft keine Unsachlichkeit der Nachversteuerung im Fall des ex lege Ausscheidens aufzuzeigen. Zwar ist der Verlustvortrag in Kasachstan mit drei Jahren (bis 2008) bzw. mit zehn Jahren (ab 2009) begrenzt, wodurch im konkreten Fall bei aufrechtem Bestand der Gruppenmitgliedschaft solche nicht vortragsfähigen Verluste auf Ebene des Gruppenmitgliedes zu keiner Verrechnung mit Gewinnen und damit zu keiner Nachversteuerung auf Ebene der beschwerdeführenden Gesellschaft geführt hätten. Auch solche Verluste wären jedoch spätestens bei einem Ausscheiden des kasachischen Gruppenmitgliedes nachzuversteuern gewesen. Sondereffekte, die sich auf Grund spezieller ausländischer Verlustverrechnungsmöglichkeiten ergeben können, vermögen vor diesem Hintergrund keine Unsachlichkeit der Nachversteuerungspflicht bei einem ex lege Ausscheiden darzutun.

 

VwGH Gz 2012/13/0061 vom 11.02.2016

Unzulässige Gewinnscheinvereinbarungen
Werden Gewinnscheinvereinbarungen mit Gesellschaftern oder ihnen nahestehenden Personen abgeschlossen, dürfen diese Vereinbarungen nicht zum Nachteil der Gesellschaft ausfallen. Ein Nachteil liegt auf jeden Fall dann vor, wenn der Zinssatz so hoch ist, dass der Zeichner des Gewinnscheines bereits im ersten Jahr mehr zurückerhält als er tatsächlich einbezahlt hat.
Wenn nach den Gewinnscheinbedingungen ein erheblicher Anteil (etwa 85%) des Gewinnes an einen (nahestehenden) Dritten (oder den Gesellschafter) abzuführen ist, handelt es sich sohin um Zahlungen der Beschwerdeführerin, die nicht betrieblich veranlasst sind, sondern causa societatis erfolgten. Diese Zahlungen sind bei der Beschwerdeführerin damit nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Zusätzlich zur steuerlichen Nichtabzugsfähigkeit der Gewinnscheinzinsen kann auch verbotene Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG vorliegen. Auch strafbares Verhalten der handelnden Personen kann gegeben sein.

 

Sachverhalt:

Es wurde von einer Gesellschaft (GmbH) ein Gewinnschein begeben, auf Grund dessen 85% des Jahresgewinns dem Zeichner des Gewinnscheins zustand. Der in die Gesellschaft einbezahlte Betrag betrug EUR 185.000,00, bereits im ersten Jahr wurde ein mehr als doppelt so hoher Betrag als Gewinnbeteiligung an den Zeichner des Gewinnscheins ausgeschüttet.

Der Zeichner des Gewinnscheins war eine dem Gesellschafter nahestehende Person (eine liechtensteinsche Stiftung).

Unternehmensrechtlich handelt es sich bei dem Gewinnschein wohl um ein Genussrecht nach § 174 AktG.

Eckpunkte

Höhe der Gewinnscheineinlage EUR 185.000
Gewinnanteil vom Jahresgewinn 85%
Gewinnzuweisung im ersten Jahr EUR 400.000
Angebot, Gewinnscheine zu zeichnen: nur an Gesellschafter und an nahestehende Personen oder auch an fremde Dritte nur an (den Gesellschaftern) nahestehende Personen
Gewinnsituation vor Einzahlung Gewinnscheinkapital Gewinn
Verwendung des Gewinnscheinkapitals Neue Projekte
Rückzahlung von Gesellschaftsschulden offensichtlich nein

Der VwGH stellte fest, dass die Zahlungen der GmbH für die Gewinnscheine nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Diese Zahlungen seien laut VwGH nicht betrieblich veranlasst, sondern causa societatis erfolgt.

Daraus folgt, dass die Zahlungen auch verdeckte Ausschüttungen an den Gesellschafter darstellen und Kapitalertragsteuerpflicht auslösen können.

In dieser Entscheidung wird unter anderem folgendes ausgeführt:

„Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern zuwendet, die sie aber anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde, sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (vgl. das Erkenntnis vom 20. April 1995, 94/13/0228, mwN)

[...]

Die belangte Behörde sieht die Zahlungen der Beschwerdeführerin an die Z-FL aus dem Titel der Gewinnscheinvereinbarungen als das letzte Glied in einer Kette von fremdunüblichen, ungewöhnlichen und betriebswirtschaftlich sinnlosen Maßnahmen an. Die als Aufwand verbuchte Zuweisung von Gewinnanteilen an die Vertragspartnerin sei nicht betrieblich verursacht, sondern gesellschaftsrechtlich veranlasst. Diesen Darlegungen der belangten Behörde ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten.

Die Begebung der Gewinnscheine führte - nach den Gewinnscheinbedingungen - dazu, dass ein erheblicher Anteil (etwa 85%) des Gewinnes an einen (nahestehenden) Dritten abzuführen sein werde. Nennenswerte Aufwendungen (abgesehen vom "Zinsenaufwand Gewinnscheine") fielen bei der Beschwerdeführerin - wie aus den vorgelegten Jahresabschlüssen hervorgeht - nicht an, sodass davon auszugehen war, dass ein erheblicher Anteil auch der bis zur Begebung der Gewinnscheine erzielten Provisionen an den nahestehenden Dritten abzuführen sein werde. Die Gewinnscheinvereinbarung wurde ausschließlich mit einem nahestehenden Dritten abgeschlossen; Fremden wurde der Abschluss einer derartigen Vereinbarung (in der damals gegebenen konkreten Situation) nicht angeboten.

Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung der belangten Behörde, die Vereinbarung betreffend Gewinnscheine sei - dem Grunde nach - fremdunüblich, nicht zu beanstanden. Es handelt sich sohin um Zahlungen der Beschwerdeführerin, die nicht betrieblich veranlasst sind, sondern causa societatis erfolgten. Diese Zahlungen sind bei der Beschwerdeführerin damit nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

[...]

Wenn die Beschwerdeführerin zum Nachweis der Fremdüblichkeit der Gewinnscheinbedingungen auf von ihr vorgelegte Urkunden (Genussrechtsbedingungen u.a. von Banken) verweist, so wird die Fremdunüblichkeit im vorliegenden Fall aber nicht auf diese Bedingungen gestützt, sondern darauf, dass ausgehend von der konkreten Situation der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Ausgabe dieser Gewinnscheine eine Ausgabe nur an "Nahestehende" erfolgte.“

Der VwGH hält daher derartige Vereinbarungen mit Gesellschaftern für fremdunüblich und benachteiligend für die Gesellschaft.

Auch der OGH hat in der Entscheidung Gz 6Ob171/15p vom 23.02.2016 festgehalten, dass jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt, unzulässig ist.

[...]

„5.4. Nach § 82 Abs 1 GmbHG können Gesellschafter ihre Einlagen nicht zurückfordern. Sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist. Das Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst grundsätzlich jede vermögensmindernde Leistung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung an ihre Gesellschafter, ausgenommen solche in Erfüllung des Dividendenanspruchs, sonstiger gesetzlich zugelassener Ausnahmefälle sowie Leistungen auf der Grundlage fremdüblicher Austauschgeschäfte. Stehen dabei die Leistung der Gesellschaft und die Gegenleistung des Gesellschafters in einem objektiven Missverhältnis, so ist das konkrete Geschäft nichtig. Das Verbot der Einlagenrückgewähr ist wirtschaftlich zu betrachten. Es verbietet jede Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter, die nicht als Gewinn ausgewiesen ist und die eine Vermögenseinbuße, also eine Minderung der Erwerbsaussichten oder eine Vermehrung der Risiken der Gesellschaft bewirkt (6 Ob 226/09t).

Im Gegensatz zu § 30 dGmbHG verbietet demnach § 82 GmbHG im Prinzip jede Zuwendung der Gesellschaft an die Gesellschafter, die nicht Gewinnverwendung ist. Die Kapitalerhaltungsvorschriften sollen nach ihrem Sinn und Zweck jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen verringert. Darunter fallen Zuwendungen oder Vergünstigungen aller Art ohne Rücksicht darauf, ob sie in der Handelsbilanz der Gesellschaft oder des Gesellschafters einen Niederschlag finden.

Dass nicht nur offene Barzahlungen an die Gesellschafter unter das Verbot der Einlagenrückgewähr fallen, sondern auch im Gewand anderer Rechtsgeschäfte erfolgte verdeckte Leistungen, ist anerkannt. Unzulässig ist jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt.

[...]"

Im vom VwGH entschiedenen Fall gab es auch ein Strafverfahren gegen die handelnden Personen, die 2016 in erster Instanz wegen Untreue auch verurteilt wurden. Auf Grund ihrer Rechtsmittel ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

 

VwGH Ro 2014/13/0042 vom 31.03.2017

Zeitpunkt des Vermögensverlustes bei Auslandsbeteiligung
Der endgültige Vermögensverlust bei einer Auslandsbeteiligung kann erst dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn das Insolvenzverfahren der ausländischen Tochtergesellschaft beendet ist. Der Vermögensverlust liegt noch nicht vor, auch wenn der Verlust in wirtschaftlicher Hinsicht bereits absehbar ist.
Dies gilt dann, wenn die österreichische Mutter nicht zur Steuerwirksamkeit betreffend der Tochtergesellschaft optiert hat.

 

Aus der Entscheidung:

„15 Aus § 10 Abs. 3 KStG 1988 folgt, dass Wertänderungen internationaler Schachtelbeteiligungen grundsätzlich außer Ansatz bleiben, wenn hinsichtlich dieser nicht zur Steuerwirksamkeit optiert wurde. Davon ausgenommen sind nach § 10 Abs. 3 zweiter Satz KStG 1988 jedoch tatsächliche und endgültige Vermögensverluste durch den liquidations- oder insolvenzbedingten Untergang der ausländischen Körperschaft. Nach den Materialien zum AbgÄG 2004 (RV 686 BlgNR 22. GP 19) sollen durch diese (asymmetrische) Ausnahme von der Steuerneutralität unbillige Härten vermieden werden.

16 Durch das Abstellen auf "tatsächliche und endgültige" Vermögensverluste bringt § 10 Abs. 3 KStG 1988 zum Ausdruck, dass alle die untergegangene Beteiligung betreffenden, den Liquidationserlös übersteigenden Anschaffungskosten steuerlich abgesetzt werden können (vgl. Wiesner, RWZ 2004, 353, Kofler in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 10 Tz 226 und 236).
§ 10 Abs. 3 KStG 1988 sieht jedoch auch in diesem Fall keine uneingeschränkte Steuerwirksamkeit der Wertänderung vor, sondern ordnet eine Kürzung der Verluste um steuerfreie Gewinnanteile der letzten fünf Wirtschaftsjahre vor dem Wirtschaftsjahr der Liquidationseröffnung bzw. des Eintritts der Insolvenz an.

17 § 12 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 201/1996 normiert, dass "Verluste anlässlich der Veräußerung oder eines sonstigen Ausscheidens einer zum Anlagevermögen gehörenden Beteiligung (...) im betreffenden Wirtschaftsjahr und den nachfolgenden sechs Wirtschaftsjahren zu je einem Siebentel zu berücksichtigen (sind)". Die Veräußerung oder das sonstige Ausscheiden einer zum Anlagevermögen gehörenden Beteiligung erfasst auch den Fall der Liquidation der Gesellschaft, an der die Beteiligung bestanden hat. Mit dem Untergang der Gesellschaft scheidet die Beteiligung aus dem Betriebsvermögen, zu welchem die Beteiligung gehört hat, aus (vgl. das Erkenntnis vom 26. Februar 2013, 2010/15/0022, VwSlg 8789/F). Die Siebentelung trifft daher auch die nach § 10 Abs. 3 zweiter Satz KStG 1988 steuerwirksamen Verluste anlässlich des Untergangs einer internationalen Schachtelbeteiligung (vgl. Strimitzer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG 1988, § 10 Tz 211).

18 Im Revisionsfall ist strittig, zu welchem Zeitpunkt (in welchem Veranlagungsjahr) ein insolvenzbedingter Vermögensverlust iSd § 10 Abs. 3 zweiter Satz KStG 1988 aufwandswirksam zu berücksichtigen ist. Die Revision wendet sich gegen die Ansicht, wonach ein endgültiger Vermögensverlust iSd § 10 Abs. 3 KStG 1988 erst bei Beendigung des Insolvenz- bzw. Liquidationsverfahrens vorliegen könne. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei nicht auf den (zufälligen) formellen Abschluss des Insolvenzverfahrens abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt des faktischen Vermögensverlusts.

19 Der Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 3 zweiter Satz KStG 1988, wonach "tatsächliche und endgültige" Vermögensverluste auf Grund eines insolvenz- oder liquidationsbedingten Untergangs der ausländischen Körperschaft steuerwirksam sind, spricht gegen die Auffassung, dass dieses Kriterium bereits im Zeitpunkt des "faktischen Vermögensverlustes" erfüllt sein soll. Erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens bzw. nach Abschluss der Liquidation steht der Vermögensverlust, den die Gesellschaft durch ihre Beteiligung an der liquidierten Gesellschaft erlitten hat, der Höhe nach "endgültig" fest (vgl. Bieber, GES 2015, 47 ff (49), Mechtler/Pinetz, ecolex 2015/31, 73 f (74)). Diese Auslegung wird auch dem Willen des Gesetzgebers gerecht (vgl. nochmals Wiesner, aaO). So wird in den Materialien zum AbgÄG 2004 (RV 686 BlgNR 22. GP 19) ausgeführt, dass nach § 10 Abs. 3 KStG 1988 alle die untergegangene Beteiligung betreffenden Anschaffungskosten "im Jahr der Beendigung der freiwilligen oder insolvenzbedingten Liquidation" steuerlich abgesetzt werden können.

20 Von einem "Untergang" der ausländischen Körperschaft, der zu einem Ausscheiden der Beteiligung aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft iSd § 12 Abs. 3 KStG 1988 führt, kann daher erst dann gesprochen werden, wenn kein Abwicklungsbedarf mehr vorhanden ist.“

 

VwGH Ro 2015/15/0011 vom 26.01.2017

Kursverlust bei Fremdwährungskrediten kann als Betriebsausgabe geltend gemacht werden
Bei Krediten handelt es sich nicht um ein negatives Wirtschaftsgut im Sinn des § 27 Abs. 3 und 4 EStG. Nach dem Wortlaut und dem Telos des § 27 Abs. 3 EStG 1988 sind nur "Finanzvermögen" und nicht auch "Finanzschulden" von dieser Bestimmung erfasst. Der Schuldner erzielt keine Einkünfte gemäß § 27 Abs. 2 EStG 1988 aus der Verbindlichkeit. Aus diesen Erwägungen erscheint es weder gerechtfertigt noch vom Wortlaut des § 27 Abs. 3 EStG 1988 gedeckt, hinsichtlich der Steuerpflicht einer Fremdwährungsverbindlichkeit auf die aus Sicht des Gläubigers vorliegende Fremdwährungsforderung abzustellen. Der Kursverlust kann daher als Betriebsausgabe in voller Höhe geltend gemacht werden.

 

Aus der Entscheidung:

"17 Kursverluste, die im Zusammenhang mit einem Fremdwährungskredit anfallen, der für die Anschaffung einer - der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden - Liegenschaft aufgenommen wurde, stehen - anders als Schuldzinsen für Fremdkapital - nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen Einkünften. Kursverluste wie auch Kursgewinne sind Ergebnis einer Marktentwicklung, die keinen unmittelbaren Bezug zu den Einkünften aus dem fremdfinanzierten Wirtschaftsgut aufweisen. Kursverluste stellen daher kein Entgelt für die Nutzung oder Beschaffung des Fremdkapitals dar. Kursverluste anlässlich der Tilgung eines Fremdwährungskredites, die aus der marktbedingten Kursentwicklung der Währung im Zeitraum zwischen Aufnahme und Tilgung des Kredites resultieren, sind daher nicht als Werbungskosten bei Ermittlung der Einkünfte aus dem fremdfinanzierten Wirtschaftsgut abzugsfähig (VfGH vom 29. November 2014, G 137/2014, G 138/2014).

18 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes hat der Abschluss der Währungsoption dazu gedient, die drohende Zwangskonvertierung hinsichtlich eines weiteren Teiles der aushaftenden Fremdwährungskredite abzuwenden, wodurch die Mitbeteiligte weiterhin vom niedrigen Zinsniveau habe profitieren können, was wiederum die Erzielung höherer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ermöglicht habe. Diese Argumentation des Bundesfinanzgerichtes lässt allerdings außer Acht, dass unmittelbare Folge der Zwangskonvertierung die (endgültige) Realisierung der im Privatvermögen eingetretenen Währungsverluste gewesen wäre. Die Zahlung der Optionsprämie hat nach dem Vorbringen der Mitbeteiligten zur Kursentwicklung und der im Falle der Zwangskonvertierung bewirkten Erhöhung ihres Schuldenstandes den Eintritt dieses Vermögensverlustes verhindert. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Abschluss der Währungsoption lediglich dazu gedient habe, zukünftige Werbungskosten in Form höherer Zinsaufwendungen zu vermeiden

19 Auch aus dem in der Revisionsbeantwortung angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 2002, 2002/15/0033, lässt sich für den Standpunkt der Mitbeteiligten nichts gewinnen. Zunächst wird auch in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, dass ein zur Kurssicherung abgeschlossenes Termingeschäft sowohl den Erträgen als auch der Vermögenssubstanz (einer ausländischen Anleihe) zuzuordnen ist. Anders als in jenem Beschwerdefall liegt gegenständlich jedoch kein Sicherungsgeschäft vor, das in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb von Betriebsvermögen abgeschlossen worden wäre. Die Währungsoption betrifft Privatvermögen und wurde erst zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, als die endgültige Realisierung des Kursverlustes durch die Konvertierung weiterer Teile der aushaftenden Fremdwährungskredite drohte.

20 Bei der gegenständlich gebotenen primären Zuordnung der Optionsprämie zur steuerlich nicht relevanten Vermögenssphäre hätte das Bundesfinanzgericht daher erheben müssen, inwieweit der Abschluss der Vereinbarung über eine Währungsoption dazu gedient hat, die Realisierung des im Abschlusszeitpunkt bestehenden Kursverlustes abzuwenden. Dieser Teil der Optionsprämie betrifft die Vermeidung von Kapitalverlusten, die auch durch den späteren Abschluss eines Sicherungsgeschäftes nicht in abzugsfähige Werbungskosten umgewandelt werden können. Erst ein danach allenfalls noch verbleibender Restbetrag der streitgegenständlichen Optionsprämie kann - als zur Vermeidung höherer zukünftiger Zinsen geleistet - zum Abzug als Werbungskosten in Betracht kommen. In Verkennung der Rechtslage hat das Bundesfinanzgericht die erforderlichen Erhebungen unterlassen."

 

BFG RV/7104666/2017 vom 4.12.2017

Kein Mantelkauf bei gleich bleibendem faktischem Geschäftsführer
Für die Annahme eines Mantelkaufes müssen sämtliche Tatbestandsmerkmale kumulativ gegeben sein. Es mangelt jedoch im beurteilten Fall nach Meinung des BFG an einer wesentlichen Änderung der organisatorischen Struktur: A war vor Konkurseröffnung selbständig vertretungsbefugter Prokurist, nach Abschluss des Konkurses war der Geschäftsführer nicht mehr in der GmbH anwesend. Das BFG behandelte den Prokuristen als faktischen Geschäftsführer, der später auch im Firmenbuch als Geschäftsführer eigetragen wurde.

 

Das BFG vertritt die Meinung, dass es auf die faktische Geschäftsführung und nicht auf die formale Geschäftsführung ankommt, und beruft sich dabei auf die KStR 2013 Rz 995.

Da der VwGH jedoch noch nicht entschieden hat, ob für die Frage des Mantelkaufs die Geschäftsführung kraft Firmenbuch oder die faktische Geschäftsführung entscheidend ist, wurde die Revision an den VwGH zugelassen. Daher bleibt die endgültige Entscheidung durch den VwGH abzuwarten.

 

Aus der Entscheidung:

" Für die Annahme eines Mantelkaufes müssen sämtliche Tatbestandsmerkmale kumulativ gegeben sein. Es mangelt jedoch im vorliegenden Fall an einer wesentlichen Änderung der organisatorischen Struktur: W war mit Ausnahme des Konkurszeitraumes seit 11.4.2003 selbständig vertretungsbefugt, zunächst als Prokurist, sodann als faktischer Geschäftsführer, der sämtliche nötigen Vertretungshandlungen für den abwesenden bestellten Geschäftsführer X setzte und ab 20.7.2007 als im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer.

Eine wesentliche Änderung ist gegeben, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführung in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive ersetzt werden. Dabei ist lediglich auf jene Personen abzustellen, die auch tatsächlich die Geschäfte führen. Trotz grundsätzlich formaler Betrachtung der Elemente des Manteltatbestandes ist auch auf die faktischen Gegebenheiten abzustellen. Dies gilt für die Änderung der organisatorischen Struktur umso mehr, als sich auch das Gesellschaftsrecht in bestimmten Konstellationen von der rein formalen Betrachtung löst und das Institut des "faktischen Geschäftsführers" kennt (siehe dazu zB OGH 15.09.2010, 2 Ob 238/09b). Dieser in den KStR 2013 Rz 995 geäußerten Rechtsansicht der Finanzverwaltung schließt sich der erkennende Senat an.

Tatsächlich hat der Altgeschäftsführer X sein Amt seit Konkurseröffnung im Jahr 2004 nicht mehr ausgeübt und H bereits nach Abschluss des Konkurses 2005 die Geschäftsführung übernommen. Eine wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur ist somit weder im Jahr 2007 eingetreten noch im Jahr 2005; letzteres, weil H schon vor dem Konkurs seit 2003 als Prokurist selbständig vertretungsbefugt war und somit von zwei vertretungsbefugten Organen lediglich eines faktisch 2004, formal 2007 ausgeschieden ist.

Treten die Änderungen nicht in einem Jahr ein, so wird nur bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs zwischen den Etappen der Änderung von einem Mantelkauf auszugehen sein (vgl zuletzt VwGH 13.9.2017, Ro 2015/13/0007). Eine Änderung der organisatorischen Struktur kann schon für sich nicht punktuell sondern erst über den Zeitraum von 11.4.2003 bis zur Konkursaufhebung 2005 erblickt werden, doch fehlt ein innerer Zusammenhang zwischen der Einsetzung des H als Prokurist 2003 und der Einstellung der Geschäftsführungstätigkeit des X ab 2005. Umso mehr mangelt es an einem inneren Zusammenhang zwischen diesen organisatorischen Änderungen und der Änderung der wirtschaftlichen und Gesellschafterstruktur im Jahr 2007.

Aus all diesen Erwägungen liegt kein Mantelkauf vor."

 

BFG RV/3101107/2016 vom 12.9.2017

Notwendige Nutzungsdauer einer Wohnung zur Begründung des Wohnsitzes
Natürliche Personen sind in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht hat zur Folge, dass die Steuerlast grundsätzlich aus allen in- und ausländischen Einkünften ("Welteinkommen") errechnet wird. Sind weder Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich, so können "Steuerausländer" in Österreich der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Ein Wohnsitz besteht laut BAO dort, wo jemand eine Wohnung innehat, die darauf schließen lässt, dass die Wohnung beibehalten und benutzt wird.

 

Vor dem BFG war strittig, ob ein italienischer Staatsbürger einen Wohnsitz (nach österreichischem innerstaatlichem Recht) in Österreich begründet hatte oder nicht. Der Lebensmittelpunkt und der qualifizierte Wohnsitz der Familie lagen unstrittiger Weise in Italien. Jedoch hatte der Steuerpflichtige ein Mehrparteienwohnhaus in Österreich zur Hälfte geerbt, in dem ihm eine Wohnung zumindest zeitweise zur Verfügung stand. Die Wohnung wurde von ihm pro Jahr zwischen 14 und 21 Tage bewohnt, wobei sich die Wohnung selbst zumindest teilweise noch im Rohbauzustand befand.

Im Jahr 1990 hatte der VwGH bereits entschieden, dass es für die Begründung eines Wohnsitzes ausreicht, wenn eine Wohnung jährlich mehrere Wochen hindurch (i.d.R. zwei bis drei Monate) benutzt wird. Eine ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung ist nicht notwendig, um einen Wohnsitz zu begründen. Jedoch muss die Wohnung, wenn auch nicht ununterbrochen, doch immer wieder tatsächlich genützt werden.

Das BFG verneinte die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich, da die Dauer der Benützung von 14 bis 21 Tagen pro Jahr zu kurz für die Begründung eines Wohnsitzes in Österreich sei. Zusätzlich wurde ausgeführt, dass die Wohnung aufgrund der unverputzten Wände sowie freiliegender Zu- und Abflussleitungen nicht geeignet war, dem Steuerpflichtigen ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim zu bieten. Mangels Wohnsitz war demnach nur beschränkte Steuerpflicht in Österreich gegeben.

 

Aus der Entscheidung:

"Im Beschwerdefall ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in Österreich im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Die Frage, ob eine Person in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, richtet sich nicht nach Doppelbesteuerungsabkommen, sondern ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften (VwGH 4.9.2014, 2011/15/0133).

[...]

Einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften nach § 26 Abs. 1 BAO hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

[...]

Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es daher der Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die darüberhinaus nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sein müssen und sohin ohne jede wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (VwGH 3.11.2005, 2002/15/0102; 19.12.2006, 2005/15/0127; 23.2.2010, 2007/15/0292).

[...]

Insoweit sind aber die vom Beschwerdeführer behaupteten und im übrigen durch nichts nachgewiesenen Aufenthalte in der streitgegenständlichen Wohnung im Ausmaß von jährlich lediglich 14 bis 21 Tagen aufgrund der geringen Dauer für die Begründung eines Wohnsitzes als nicht ausreichend zu beurteilen. Dem Beschwerdebegehren war somit schon aus diesem Grunde keine Folge zu geben. Wegen der geringen Anzahl der Tage der jährlichen Aufenthalte kann es sohin auch dahin gestellt bleiben, wie oft der Beschwerdeführer im Rahmen dieser 14 bis 21 tägigen Aufenthalte in der Wohnung auch tatsächlich genächtigt hat.

[...]

Abschließend ist festzuhalten, dass sich in den übermittelten Akten des Finanzamtes auch Fotos der Wohnung (Aufnahmen, anlässlich eines Lokalaugenscheins am 13. August 2015) befinden und diesen zu entnehmen ist, dass insbesondere im Bad/WC aber auch in anderen Räumlichkeiten der Wohnung die Wände zum Teil nicht verputzt waren bzw. sich im Rohbauzustand befunden haben (sichtbare Betonwände bzw. unverputzte Rigipsplatten sowie freiliegende Zu- und Abflussleitungen sowie Gasleitungen) und insoweit die Wohnung in diesem Zustand nicht geeignet war, dem Beschwerdeführer nach der Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim zu bieten.

 

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