Patentkaufpreise dürfen nicht in die Bemessungsgrundlage mit aufgenommen werden. Grund dafür ist, dass es sich bei Patenten nicht um unmittelbare Aufwendungen (Ausgaben) bzw. Investitionen handelt, die der Forschung und experimentellen Entwicklung dienen, sondern bloß um mittelbare Aufwendungen. Es dürfen daher nur die tatsächlichen Aufwendungen, der im eigenen Unternehmen tatsächlich durchgeführten Forschungstätigkeit, Einzug in die Bemessungsgrundlage finden.
Aus der Entscheidung:
„Die Bw hat im Jahr 2006 mit der S GmbH einen Lizenz- und Entwicklungsvertrag über eine ABC-Maschine abgeschlossen. Dabei baute die Bw ihre Forschungsarbeit auf den Forschungsergebnissen der S GmbH auf, die in diesem Bereich mehrere Patente und Patentanmeldungen besitzt. In die Bemessungsgrundlage für den For-schungsfreibetrag für Forschung und experimentelle Entwicklung bzw für die Forschungsprämie bei der Bw sind daher nur Aufwendungen für die im eigenen Unternehmen tatsächlich durchgeführten Forschungstätigkeiten miteinzubeziehen. Der Zukauf eines fremden Forschungsergebnisses bzw des Ergebnisses fremder experimenteller Entwicklung, sei es zur Sicherung der Technologie für das eigene Unternehmen oder auch zur Weiterentwicklung, ist nicht Bestandteil des Freibetrages für Forschung und experimentelle Entwicklung bzw für die Forschungsprämie beim zukaufenden Unternehmen.
Die Kritierien der förderbaren Forschungsaufwendungen (ausgaben) wurden mittels der Verordnung BGBl II Nr 506/2002 festgelegt.
Maßgeblich ist, soweit es die strittigen Lizenzzahlungen bzw den Patentkaufpreis betrifft, § 1 Abs 2 Z 2 der Verordnung. Diesem zufolge sind Aufwendungen (Ausgaben) zur Forschung und experimentellen Entwicklung "unmittelbare Aufwendungen (Ausgaben) und unmittelbare Investitionen (einschließlich der Anschaffung von Grundstücken), soweit sie nachhaltig Forschung und experimenteller Entwicklung dienen (Anhang I, Teil A, Z 1)". Diesen Anforderungen genügen die strittigen Lizenzzahlungen bzw der Patentkaufpreis nicht. Denn es handelt sich dabei nicht um unmittelbare Aufwendungen (Ausgaben) bzw Investitionen, die der Forschung und experimentellen Entwicklung dienen, sondern bloß um mittelbare Aufwendungen (Ausgaben) bzw Investitionen. Die unmittelbaren Aufwendungen (Ausgaben) bzw Investitionen wurden vom Patententwickler, der S GmbH, getä-tigt. Die strittigen Aufwendungen fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs 4 Z 4 bzw des § 108c EStG. Beim Erwerb eines Patentes bzw bei Lizenzzahlungen handelt es sich eben nicht um unmittelbare Aufwendungen bzw Investitionen die der Forschung und experimentellen Entwicklung dienen, sondern nur um mittelbare Aufwendungen für das Ergebnis bereits von jemand anderem durchgeführter Forschung.
Die Berufung erweist sich damit als unbegründet und war daher gemäß § 289 Abs 2 BAO abzuweisen.“
Eine rechtmäßig zustehende Forschungsprämie ist dem Abgabenkonto einer Konkursmasse gutzuschreiben. Der Ablehnung der Auszahlung der Forschungsprämie an die Konkursmasse hingegen ist rechtmäßig, wenn die Zahllast auf dem Abgabenkonto die Höhe der Prämie übersteigt.
Aus der Entscheidung:
„Unstrittig kann im gegenständlichen Fall angesehen werden, dass der Bw. als Masseverwalter der B-GmbH nach Eröffnung des Konkursverfahrens vom 27. Juni 2011 beim Finanzamt am 30. August 2011 den Antrag auf Gewährung des Forschungsfreibetrages gemäß § 108c EStG 1988 unter Vorlage des geforderten Verzeichnisses der begünstigten Forschungsausgaben stellte. Diesem Antrag wurde stattgegeben und die Gutschrift auf dem Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin am 2. September 2011 gebucht. Da zu diesem Zeitpunkt eine die Gutschrift übersteigende Zahllast auf dem Abgabenkonto bestand, wurde diese gemäß § 215 Abs. 1 BAO mit den aushaftenden Abgabenschuldigkeiten verrechnet und das Rückzahlungsansuchen des Masseverwalters mangels Guthabens auf dem Abgabenkonto abgewiesen.
Strittig ist die Qualifikation der Forschungsprämie als Forderung der Konkursmasse oder als mit der Kompensation mit Konkursforderungen zugängliche Forderung.
Als Ergebnis dieser Betrachtungen ist somit festzustellen, dass die vom Finanzamt am 2. September 2011 im Wege der Verrechnung vorgenommene Aufrechnung der ältesten fälligen und aushaftenden Konkursforderungen mit der Gutschrift betreffend Forschungsprämie 2010 im Ausmaß von € 95.743,13 unter dem Blickwinkel der §§ 1438ff ABGB, der konkursrechtlichen Aufrechnungsbeschränkungen und auch der Verrechnungsvorschriften der BAO zulässig und rechtmäßig war.“
Damit ein Prototyp vorliegt, muss die Herstellung der gesamten Anlage für die Entwicklung technisch notwendig sein. Für Pilotanlagen gilt, dass deren Hauptzweck darin besteht, weitere Erfahrungen, technisches Wissen und Informationen zu erzielen.
Begriffsdefinitionen laut Forschungsprämienverordnung:
- Prototyp: Ist ein Modell, das alle technischen Eigenschaften und Ausführungen eines neuen Produkts aufweist.
- Pilotanlage: Ist eine Anlage, deren Hauptzweck darin besteht, weitere Erfahrungen, techni-sches Wissen und Informationen zu erzielen, die als Grundlage für weitere Produktbeschrei-bungen und –spezifikationen dienen.
Aus der Entscheidung:
„Aufgrund des Vorbringens von Seiten der Bw sowie aufgrund der Ergebnisse der ergänzenden Sachverhaltsermittlungen geht der Unabhängige Finanzsenat vom Vorliegen von Forschung und experimenteller Entwicklung im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 aus, wobei folgende Forschungs- und Entwicklungsleistungen anzunehmen sind:
- Entwicklung einer wirksamen kraftschlüssigen Verbindung zwischen Gxxxxxxx und Bodenplatte zum "großen" Gxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx der Anlage des Projekt-Bxx (siehe auch das Schreiben des steuerlichen Vertreters der Bw vom 17. März 2011).
- Entwicklung eines verbesserten Verfahrens zur Herstellung der Inlays mittels Pxxxxxxxxxxxverfahrens (siehe die Beilage zum Schreiben des steuerlichen Vertreters der Bw vom 17. März 2011).
Der Ansicht des Finanzamtes, es seien im Berufungsfall keine Leistungen der Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 erbracht worden, kann der Unabhängige Finanzsenat nach den Ergebnissen der bisherigen Ermittlungen somit nicht beipflichten.
Was die Höhe der Aufwendungen (Ausgaben) für diese Forschungs- und Entwicklungsleistungen betrifft, so liegt diese im Ungewissen. Die Bw hat die gesamten Kosten der Anlage (einschließlich für die Herstellung der Teile und für die Errichtung in Staat-T) im Betrag von 2,164.411,13 Euro (siehe die Aufstellung oben in der Sachverhaltsdarstellung) der Bemessung des Forschungsfreibetrages zugrunde gelegt und begründet dies im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Anlage um einen "Prototyp" im Sinne der Verordnung handle. Dem vermag der Unabhängige Finanzsenat nicht beizupflichten, zumal Anlagen dieser Bauart bereits in Betrieb standen und lediglich eine wirksame kraftschlüssige Verbindung zwischen Glasrohr und Bodenplatte für eine Anlage dieser Größe zu entwickeln war. Für die Entwicklung eines verbesserten Verfahrens zur Herstellung der Inlays war die Herstellung der Anlage als Prototyp selbst nicht notwendig.
Im Übrigen bringt die Verordnung unmissverständlich zum Ausdruck, dass nur Pilotanlagen, also Anlagen, deren Hauptzweck darin besteht, weitere Erfahrungen, technisches Wissen und Informationen zu erzielen, die insbesondere als Grundlage für weitere Produktbeschreibungen und -spezifikationen dienen, förderungswürdig sind. Um eine solche Pilotanlage handelt es sich bei der berufungsgegenständlichen Anlage zweifelsfrei nicht.“
Rechenfehler, die zu einer ungerechtfertigten Kürzung der Bemessungsgrundlage für Forschungsprämien führen, bzw. zweifelsfrei bislang noch nicht berücksichtigte Aufwendungen können zu berechtigten Anträgen auf Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO führen. Direkt zuordenbare Steuerberatungskosten gehören zur förderbaren Bemessungsgrundlage. Eine Aufhebung der Bescheide ist lediglich dann zu unterlassen, wenn die Rechtswidrigkeit des Bescheides bloß geringfügig ist.
Aus der Entscheidung:
„Bei der Berechnung der direkt zuordenbaren Kosten wurden aufgrund eines in der Tabellenkalkulation enthaltenen Formelfehlers direkt zuordenbare Kosten i.H.v. € 142.385,75 doppelt im Kürzungsbetrag der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie berücksichtigt. Der Ermittlung der Forschungsprämie liegt somit ein Rechenfehler zugrunde, der zu einem unrichtigen Bescheid für das Jahr 2007 geführt hat.
Dazu ist anzumerken, dass gemäß § 280 BAO auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde II. Instanz im Laufe des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gelangen, Bedacht zu nehmen ist auch wenn da-durch das Berufungsbegehren geändert oder ergänzt wird. Einwendungen der Bw., die auf eine bislang nicht erfolgte Berücksichtigung der Steuerberatungskosten hinweisen sind daher zu beachten. Da entsprechende Kosten unberücksichtigt gebliebenen sind ergibt sich daraus die für die Anwendbarkeit des § 299 BAO erforderliche Gewissheit der Rechtswidrigkeit der Bescheide betreffend Forschungsprämie für die Jahre 2005 bis 2007.
Die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO liegt im Ermessen der Behörde. Gemäß der ständigen Recht-sprechung des VwGH kommt dem Prinzip der Rechtmäßigkeit (Rechtsrichtigkeit) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit (Rechtsbeständigkeit) zu (vgl. Ritz BAO4 § 299 Rz. 54). Eine Aufhebung wird i.d.R. dann zu unterlassen sein, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist (vgl. Ritz BAO4 § 299 Rz. 55).
Im Wirtschaftsjahr 2007 liegt eine entsprechende Geringfügigkeit schon aufgrund der oben dargestellten rechnerischen Unrichtigkeit nicht vor. Auch in den Jahren 2004 und 2005 kann von einer Geringfügigkeit unter Beachtung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vgl. u. a. Zl. 2005/13/0015 vom 24. Oktober 2010 nicht gesprochen werden der die Ansicht vertritt, dass das Gewicht eines Wiederaufnahmegrundes, der sich auf mehrere Jahre auswirkt, in der Regel nicht je Verfahren, sondern in seiner Gesamtheit zu beurteilen ist (vgl. Ritz, BAO3, § 303 Tz 41).
In Anwendung der Bezug habenden Judikatur erweist sich der Bescheid auch hinsichtlich der Jahre 2005 und 2006 aufgrund der Nichtberücksichtigung direkt zuordenbarer Verwaltungs-(Steuerberatungs-)Kosten schon ohne Berücksichtigung der zu den einzelnen Medikamentengruppen erfolgten weiteren Einwendungen der Bw. als nicht rechtmäßig und die daraus abzuleitende Rechtswidrigkeit als nicht geringfügig. Die Behörde wird sich daher bei der neuerlichen Erlassung der Bescheide über die Forschungsprämien mit den dortigen Darstellungen näher auseinanderzusetzen haben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
Die Bemessungsgrundlage ist um steuerfreie Subventionen zu kürzen.
Aus der Entscheidung:
„Es liegen von öffentlichen Stellen gewährte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 steuerfreie Mittel vor. Diese sind aber nach dem eindeutigen Wortlaut der vorstehend zit. Verordnung aus der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie auszuscheiden.“
Es wurde vom BFG genau herausgearbeitet, welcher Katalog an förderbaren Leistungen vorliegt bzw. welcher nicht. Entscheidend ist der Hinweis, dass auch der bloße Einsatz von Software für eine neue Anwendung unter Forschung fällt, sofern ein Problem von allgemeiner Relevanz gelöst wird.
Aus der Entscheidung:
„Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts stellen die IM Rahmen des Projekts … im Jahr 2010 durchgeführten Arbeiten teilweise Grundlagenforschung iSd. Des Anhang IA Z 2 (Stichwort …), jedenfalls aber angewandte Forschung iSd. Des Anhang I A Z 3 der Verordnung BGBl. Nr. 506/2002, und zwar mit Ausrichtung auf das spezifische praktische Ziel der besseren Anwendbarkeit … Software,dar. Die zu beurteilende Software-Entwicklung des Jahres 2010 (als Teil des langjährigen Projektes …) trägt auch entsprechend Anhang I B der Verordnung, Z 13/Herstellung von Software, erkennbar zu Problemlösungen bei, die einen wissenschaftlichen (…) und technologischen Fortschritt (…) darstellen. Dieses Ziel wir auf systematischer wissenschaftlicher Basis verfolgt (siehe Schriftsatz vom 25. Februar 2014, Punkt 2. Methoden)
Es liegt jedenfalls entsprechend Anhang I B der Verordnung, Z 13/Herstellung von Software, keine routinemäßige Herstellung von Standard- oder Individualsoftware vor. Auch liegt kein bloßer Einsatz von Software für eine neue Anwendung vor. Selbst im letzteren Fall wäre eine derartige Anwendung dennoch der Forschung und experimentellen Entwicklung gemäß der Verordnung zuzuordnen, wenn sie ein Problem von allgemeiner Relevanz (so im Beschwerdefall zB. Das Problem …) löst.
Ausgeschlossen werden kann, dass die zu beurteilende Tätigkeit der Bf. Im Sinne der Negativ-Abgrenzung in Anhang I B, Z 13 der Verordnung als
- standardisierte Anwendersoftware und Informationssysteme, die bekannte Methode und bereits existierende Softwaretools verwenden,
- Support von bereits existierenden Systemen,
- Anpassung von existierender Software ohne wesentliche Veränderung der Struktur oder des Ablaufs,
- Konvertierung und/oder Übersetzung von Computersprachen,
- Bereinigen von Programmfehlern,
- Vorbereitung von Nutzerhandbüchern und Dokumentationen ...
zu qualifizieren ist.
Die Tätigkeit der Bf. Fällt vielmehr unter folgende im Anhang I B der Verordnung, Z 13/Herstellung von Soft-ware beispielsweise als Forschung und experimentelle Entwicklung angeführte Software-Entwicklungen:
- die Entwicklung unter Lehrsätze und Algorithmen auf dem Gebiet der theoretischen Computerwissen-schaften (im Beschwerdefall …)
- die Entwicklung von Betriebssystemen, Programmiersprachen, Datenverarbeitungssystemen, Kommu-nikationssoftware, Zugangstechniken und Werkzeugen zur Software-Entwicklung (software development tools, embedded systems, ergonomische interfaces)
- Software-Entwicklung, die allgemeine Fortschritte auf dem Gebiet der Erfassung, Übertragung, Speicherung, Abrufbarkeit, Verarbeitung, Integration, Schutz und Darstellung von Daten bewirken.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die im Jahr 2010 ausgeübte Forschungstätigkeit als Teil des Projektes … jedenfalls angewandte Forschung iSd Anhang IA Z 3 der Verordnung darstellen.“
Ist ein von der FFG eingeholtes Gutachten nicht ausreichend begründet, so ist die FFG zur Ergänzung des Gutachtens verpflichtet. Dies hat so lange zu erfolgen, bis die gutachterliche Stellungnahme der FFG ausreichend schlüssig und nachvollziehbar ist. Die bloße Aussage, dass es sich bei den verwendeten Methoden nicht um Forschung und Entwicklung handelt, stellt keine Begründung dar...
Aus der Entscheidung:
„Erweist sich das vom Finanzamt eingeholte Gutachten der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) – hier für die Veranlagungsjahre 2009 bis 2011 – als nicht ausreichend begründet, weil im Wesentlichen nur ausgeführt worden war, dass weder bei den Methoden noch bei der Vorgangsweise konkrete Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten beschrieben worden seien, ohne die beurteilten Methoden und die Vorgangsweise des Antragstellers darzustellen bzw. zu konkretisieren, ist der Antragsteller (spätere Beschwerdeführer) erforderlichenfalls zunächst zur Präzisierung seines Sachverhaltsvorbringens aufzufordern. Sodann ist die FFG zur Ergänzung ihres Gutachtens zu verhalten und zwar – nach jeweiliger Wahrung des Parteiengehörs – so lange, bis die gutachterliche Stellungnahme der FFG ausreichend schlüssig und nachvollziehbar ist. Ob die Tätigkeit des Antragstellers und Beschwerdeführers erkennbar auf das Ziel gerichtet war, eine wissenschaftliche und/oder technologische Unsicherheit zu klären oder zu beseitigen bzw. eine Fragestellung von allgemeiner Relevanz zu klären (vgl. Anhang I Teil B Z 13 der Verordnung BGBl. II Nr 506/2002 i. Z. m. Softwareentwicklung), stellt sich schließlich im Wesentlichen als eine Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung (§ 167 Abs 2 BAO) dar, für die nach der ab dem 1. 1. 2014 geltenden Rechtslage eine ordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts grundsätzlich nicht mehr vorgesehen ist.“
Sowohl beim Forschungsfreibetrag als auch bei der Forschungsprämie sind die Gemeinkosten zu berücksichtigen.
Aus der Entscheidung:
„Gegen die Entscheidung des UFS erhob die Bf. Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
In seinem wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhebenden Erkenntnis vom 30. Jänner 2014, 2011/15/0156 führt dieser aus, in der Beschwerde werde u.a. vorgebracht, in die Bemessungsgrundlage des Forschungsfreibetrages seien auch die Gemeinkosten, die auf die von der Bf. betriebene experimentelle Entwicklung entfielen, einzubeziehen. Begünstigt seien u.a. anteilige Gemeinkosten für Transport, Lagerung, Reinigung, Instandhaltung, Sicherheit, Verwaltungs- und Bürotätigkeiten. Der Beschwerde gelinge es, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
In der Sache wird auf das Verfahren vor dem UFS und das anschließende Beschwerdeverfahren verwiesen.
Die Entscheidung des UFS RV/0184-G/09 vom 9. August 2011 wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsge-richtshofes vom 30. Jänner 2014, 2011/15/0156 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, weil bei der Bemessung des FFB die Gemeinkosten nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichthofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision/Beschwerde stattgegeben hat.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und insbesondere der zu noch zu berücksichtigenden Gemeinkosten konnte mit dem Beschwerdevertreter ein Einvernehmen erzielt werden, dem das Finanzamt nicht entgegen getreten ist.“
Experimentieren mit jeweils neuen Verfahren ist Forschung. Detaillierte Aufzeichnungen über Aufwendungen - vor allem Material-, Lohn- und Gemeinkostennachweise - sind erforderlich.
Ein völlig neues Produkt und damit die Herstellung eines neuartigen Prototyps liegt vor, wenn dessen Entwicklung über eine bloße produkttechnische Optimierung hinausgeht.
Prototypen liegen weiters vor, wenn beim Kunden eingesetzte Prototypen die Serienreife (Produktionsreife) noch nicht erreicht haben, wobei nicht bloß die Optimierung der Betriebs-parameter und Anpassungen von bestehenden Produkten an Kundenwünsche vorliegen.
Aus der Entscheidung:
„Mit der zusätzlichen Aufnahme des Begriffes "Ausgaben für Forschung" wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass "aufgrund des Frascati Manuals auch Investitionen inden erweiterten Forschungsbegriff einbezogen werden". Demnach wird in der VOBGBI ll 50612002 zu $ 4 Abs. 4 Z 4a ESIG normiert, dass "unmittelbare Aufwendungen(Ausgaben) und unmittelbare lnvestitionen (einschließlich der Anschaffung vonGrundstücken), soweit sie nachhaltig Forschung und experimenteller Entwicklungdienen", zur Bemessungsgrundlage zählen (vgl. Silber, Forschungsfreibeträge versusForschungsprämie neu, OSIZ 2003, S. 316ff)
Der Forschungsbegriff der Forschungsprämie für Aufwendungen zur Forschung und experimentellen Entwick-lung ist grundsätzlich weiter gefasst als der Begriff der "Forschungsaufwendungen" nach der Definition des Forschungsfreibetrages für Aufwendungen für volkswirtschaftlich wertvolle Erfindungen, der sich primär am Erfindungsbegriff orientiert (vgl. Wesner/Grabner/Wanke, EStG, $ 108c, Rz. 10a).
Falls Anlagen gleicher Bauart bereits in Betrieb stehen, sind diese nicht als Prototyp zu qualifizieren, selbst wenn diese der Verbesserung einzelner Teile dienen. Dessen ungeachtet sind die unmittelbaren Entwicklungskosten für die Verbesserung einzelner Teile jedoch als Forschung und experimentelle Entwicklung anzuerkennen (vgl. UFS 17 .8.2012, GZ. RV/0994-G/09).
Der Begriff "Aufwand für Forschung und Entwicklung" ist final auszulegen (vgl. Hack, Der Forschungsfreibe-trag und die Forschungsprämie in der Prüfungspraxis, ÖsfZ 2006, S. 236f0. Für die Forschungsprämie kommt es daher lediglich auf die Zielsetzung, nicht aber auf ein erreichtes Forschungsergebnis an. Fehlgeschlagene Forschung und experimentelle Entwicklung ist daher von der Begünstigung nicht ausgenommen (vgl. Wesner/GrabnerA/Vanke, EStG $ 108c, Rz. 13). Entwicklungskosten für Prototypen und Pilotanlagen sind als Forschungsaufwendungen anzusehen (s. sinngemäß Rz. 1313 Wartungserlass 2006 betreffend ESIR 2000).
ln den dem VwGH-Erkenntnis vom 3O.1.2014,21.201111510156, zu Grunde liegenden Fall wurde die Gewährung einer Forschungsprämie gemäß $ 108c EStG 1988 für damit zusammenhängende Aufwendungen seitens der BP mit der Begründung anerkannt, dass es hier tatsächlich um das Experimentieren mit jeweils neuen Ver-fahren geht. Lm Übrigen hat der VwGH ausgesprochen, dass mit den einzelnen Forschungsprojekten in Zusammenhang stehende Gemeinkosten nach S 1 Abs. 224 der Verordnung, BGBI ll Nr. 50612002, zu berücksichtigen sind (vgl. VwG H 30.1 .201 4, 21. 2011 1 1 5101 56).
Gemeinkosten sind in die Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie miteinzubeziehen, soweit sie der Forschung und experimentellen Entwicklung zuzuordnen sind. Keine Forschungsaufwendungen sind daher allge-meine Venrualtungs- und Vertriebskosten (vgl. Wiesner/Grabner/Wanke, ESIG, S 4 Rz 116).
Da es sich bei der Forschungsprämie gemäß $ 108c ESIG 1988 um die Inanspruchnahme einer abgabenrechtli-chen Begünstigung handelt, ist auch die unter S 119 BAO normierte Offenlegungs- und Wahrheitspflicht von besonderer Bedeutung. Aus diesem Grund sind detaillierte Aufzeichnungen über die Aufwendungen, die durch die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit erwachsen, zu führen. Als Basisunterlagen sind aus dem Bereich der Grundaufzeichnungen und Belegwesen vor allem Material-, Lohn- und Gemeinkostennachweise in Form von diversen Arbeitsaufschreibungen zu nennen, aus denen sich eine zutreffende Kostenerfassung des F&E-Bereiches ergibt (vgl. Silber, OSIZ 2003, s.316ff).“
Da bei "…" bereits Produktionsreife erreicht wurde, da keine bzw. lediglich geringe Adaptierungsmaßnahmen erforderlich gewesen seien, hält die Bf. fest: ln Versuchsreihen war der Nachweis zu erbringen, dass die bisher als zwei eigene Schwingsysteme angeordneten Siebdecks zu einem (einheitlichen) Schwingsystem zusammengeführt werden können. Hier sei insbesondere das Schwingverhalten der beiden Siebdecks nicht vorhersehbar gewesen. Technisch war die Festlegung des Neigungswinkels und der Schwingweite für die Funktionsfähigkeit der Anlage entscheidend, auch wenn dies kostenmäßig nicht allzu sehr ins Gewicht fiel. Es ist im vorliegenden Fall daher die Entwicklung eines völlig neuen Produktes und damit die Herstellung eines neuartigen Prototyps gegeben, dessen Entwicklung über eine bloße produkttechnische Optimierung hinausgeht. lnsgesamt wurden im Zeitraum von 2OO7 (Prototypenauslieferung) bis l,llär22011 (Zeitpunkt der Erstellung der Projektbeschreibung) 26 Stuck der Maschine des Typs "…" verkauft.
…lm vorliegenden Fall handelt es sich unbestrittener Maßen um die Entwicklung eines weltweit neuartigen Schweißverfahrens zum Verpacken von pulverförmigen Stoffen, wo seitens des Bundesministeriums für Wirt-schaft, Familie und Jugend mit Bescheinigung vom 4. April 2011 bestätigt wird, dass eine volkswirtschaftlich wertvolle Erfindung ¡Sd S 4 Abs 4 Z 4a ESIG 1988 vorliegt. Durch den Umstand, dass das Problem einer "FFS-FormFillSeal-Maschine" zwar technisch gelöst, aber für den Kunden wirtschaftlich nicht tragbar war, wird dokumentiert, dass hinsichtlich des von der Bf. entwickelten und beim Kunden Honeywell eingesetzten Prototyps eine Serienreife (Produktionsreife) noch nicht erreicht wurde. Demgemäß sind auch keine weiteren Verkäufe von Verpackungsmaschinen dieses Typs dokumentiert. Es ist daher der Stellungnahme der BP entgegen zu halten, dass nicht bloß Optimierungen der Betriebsparameter und Anpassungen von bestehenden Produkten an Kundenwünsche vorliegen.“
Das Finanzamt muss sich mit dem technischen Vorbringen des Unternehmens und dem Gutachten der FFG ausführlich auseinandersetzen. Zitieren alleine reicht nicht aus. Die Begründung des Bescheides muss technisch sachverständig sein, dazu soll sich das Finanzamt der FFG bedienen.
Aus der Entscheidung:
„Im Beschwerdefall hat sich die Abgabenbehörde bislang weder mit dem Gutachten der FFG noch mit dem ergänzenden (und zulässigen) Sachverhaltsvorbringen der Bf. vom 23.6.2014 auseinandergesetzt. Sie hat daher auch keinerlei Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung der strittigen Aufwendungen (Projekt 2) ermöglicht hätten. An dieser Beurteilung vermag auch das Vorbringen der Abgabenbehörde nichts zu ändern, dass sie aufgrund der technischen Details und des in diesem Bereich fehlenden Fachwissens gar nicht in der Lage sei, den vorliegenden Sachverhalt zu beurteilen. Genau zu diesem und zu keinem anderen Zweck ist ihr die FFG beigegeben (§ 108c Abs. 7 Satz 2 EStG 1988). Die FGG wird daher, sofern sie als Gutachterin der Abgabenbehörde beibehalten werden sollte, auf der Grundlage des ergänzenden Sachverhaltsvorbringens der Bf. um Ergänzung ihres bisherigen Gutachtens zu ersuchen und in das Verfahren – nach jeweils ausreichender Wahrung des Parteiengehörs – ggf. so lange einzubinden sein, bis die gutachterliche Stellungnahme der FFG als ausreichend schlüssig und nachvollziehbar anzusehen ist. Ob die Tätigkeit der Bf. erkennbar auf das Ziel gerichtet gewesen ist, „den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten“, ist von der Abgabenbehörde schließlich im Wege einer Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO) festzustellen und in der Begründung ihres Bescheides nachvollziehbar darzustellen.
Die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Forschungsprämie für das Projekt 2 der Bf. gegeben sind, kann daher nur auf der Grundlage von Feststellungen erfolgen, die unter Einbeziehung eines Sachverständigenbeweises zu erzielen sind (das Vorliegen von Forschung und experimenteller Entwicklung wurde von der Bf. behauptet; eine Überprüfung dieses Vorbringens kann nur unter Zuhilfenahme von Expertenwissen erfolgen). Die Disposition über die (weitere) Einbindung der FFG obliegt der Abgabenbehörde. Vereinbarungen über die Modalitäten der Erbringung der – offenbar entgeltlichen - Leistungen dieser Gesellschaft wurden, soweit ersichtlich, nur bezüglich der Abgabenbehörde getroffen. Leistungen der FFG im Zuge von – unter anderem im Beschwerdefall beantragten - mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesfinanzgericht können, wie diesbezügliche Anfragen des Jahres 2013 (für den UFS) ergeben haben [RV/3100334/2013, SWK 2014, 1305], gesondert in Rechnung gestellt werden. Es erschien daher iSd § 278 Abs. 1 BAO zweckmäßig, dass die im Beschwerdefall erforderlichen Ermittlungsschritte aus Gründen der Beschleunigung des Verfahrens und der Vermeidung zusätzlicher Kosten durch die Abgabenbehörde erfolgen, zumal der entscheidungserhebliche Sachverhalt (das Vorliegen der Voraussetzungen von Forschung und experimenteller Entwicklung iSd § 108c EStG 1988) von Grund auf zu erheben ist, wobei es mit der Aufgabenstellung eines Verwaltungsgerichts nicht in Einklang zu bringen wäre, dass ein solcher Sachverhalt erstmals und vollständig nach einer Vorlage der Beschwerde zu klären ist.“
Erfolgt nach der Auszahlung der Prämie eine Nachschau und werden erst dort Tatsachen offengelegt, so liegt ein Wiederaufnahmsgrund auch dann vor, wenn diese Unterlagen von der Betriebsprüfung anders gewürdigt werden. Nach §303 BAO genügt es, dass dem Finanzamt nach Einreichung der Abgabenerklärung über die Forschungsprämie Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einem anderen Ergebnis als die Selbstberechnung führen. Es wäre daher genauso zulässig, wenn erst aus Anlass der nachfolgenden Nachschau die rechtliche Bedeutung der genannten neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel erkannt und als Grund für die Abgabenfestsetzung herangezogen wird.
Aus der Entscheidung:
„Im Anschluss an die abgabenbehördliche Nachschau betreffend die Forschungsprämie 2010 erfolgte – auf Grund der getroffenen Feststellungen - mit Prüfungsauftrag vom 25.10.2012 eine Ausdehnung der Außenprüfung auch auf die Forschungsprämie für die Jahre 2007 bis 2009.
Im Zuge der Außenprüfung kam es zu einer Neuberechnung der Forschungsprämie 2007 bis 2009. Die Neube-rechnung erfolgte in Abstimmung mit den vom geprüften Unternehmen zur Verfügung gestellten Unterlagen. Die Bemessungsgrundlage und die Forschungsprämie waren dementsprechend zu ändern.
Das FA folgte den Ergebnissen der Nachschau und nahm mit Bescheiden vom 4.12.2012 eine erstmalige Festsetzung der selbstberechneten Forschungsprämie für die Jahre 2007 bis 2009 gemäß § 201 BAO vor, wodurch sich die in obiger Tabelle angeführten Abgabennachforderungen ergaben.
Gegen diese Abgabenfestsetzungsbescheide erhob die Bf. mit Schriftsatz vom 21.12.2012 form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung. In der Begründung brachte die Bf. vor, dass die angefochtenen Bescheide vom Finanzamt als Erstfestsetzungen bezeichnet seien. Tatsächlich seien in dieser Sache bisher folgende Schritte gesetzt worden: Jeweils im nächstfolgenden Jahr sei dem Finanzamt die Abgabenerklärung zur Forschungsprämie 2007 bis 2009 eingereicht worden. Kurz darauf seien die erklärten Beträge auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben worden. Im Jahr 2011 habe die Großbetriebsprüfung bei der Bf. eine Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 [Anmerkung für Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Kapitalertragssteuer, Kammerumlage 1] durchgeführt. In diese Betriebsprüfung seien von der Prüferin auch die Grundlagen für die Berechnung der Forschungsprämie einbezogen worden. Auf den Fragelisten der Prüferin seien immer Fragen zur Forschungsprämie enthalten gewesen.
Auf Grund der Aktenlage ist erwiesen, dass die Bf. – entgegen ihren Beschwerdeausführungen – bei der im Jahr 2011 stattgefundenen Buch- und Betriebsprüfung die vorgenannten entscheidungserhebliche Tatsachen und Beweismittel über die unrichtige Berechnung der Forschungsprämie durch Einbeziehung von forschungsunabhängigen Lohn- und Gehaltsaufwand nicht offengelegt hat. Das Prüfungsorgan wurde durch Vorlage in sich stimmiger Aufzeichnungen und Belege (erstellte Tabellen zum Forschungsaufwand und dazu passende Konten aus der Kostenrechnung) über die richtige Höhe des forschungskausalen Lohn- und Gehaltsaufwandes getäuscht.
Aber selbst wenn die Bf. der Großbetriebsprüferin dieselben betrieblichen Aufzeichnungen (z.B. Stundenauf-zeichnungen pro Mitarbeiter und Forschungsprojekt) vorgelegt und denselben Sachverhalt (Erfassen des vollen Lohn- und Gehaltsaufwandes vom Produktionsmitarbeitern als Forschungsaufwand) offengelegt hätte, wie bei der nachfolgenden Nachschau, würden die Voraussetzungen für eine Abgabenfestsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO gegeben sein.
Im Hinblick auf die sinngemäße Anwendung des Neuerungstatbestandes nach § 303 BAO genügt es, dass dem Finanzamt nach Einreichung der Abgabenerklärung über die Forschungsprämie Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einem anderen Ergebnis als die Selbstberechnung führen.
Die Möglichkeit einer Abgabenfestsetzung von Amts wegen gemäß § 201 BAO auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen (hier die behauptete Offenlegung bei der Erstprüfung) präkludiert nicht durch Untätigkeit der Abgabenbehörde. Das Recht zur Abgabenfestsetzung bleibt bis zum Eintritt der Verjährung bestehen. Er wäre daher genauso zulässig, wenn erst aus Anlass der nachfolgenden Nachschau die rechtliche Bedeutung von den genannten neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel erkannt und als Grund für die Abgabenfestset-zung herangezogen wird. Sämtliche entscheidungserhebliche Umstände über die der Bf. richtigerweise zuste-henden Forschungsprämien sind dem Finanzamt nämlich erst nach der Selbstberechnung (FP 2009 10/2010) bekannt geworden.
Der Einwand des fehlenden Wiederaufnahmegrundes widerspricht nicht nur der erwiesenen Faktenlage sondern ist auch hinsichtlich des Anwendungsbereiches des § 201 BAO rechtlich verfehlt.
Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.“
Ohne Begründung der Wiederaufnahme im Bescheid des Finanzamtes darf das BFG nicht in der Sache entscheiden, sondern muss den Bescheid des Finanzamtes aufheben.
Aus der Entscheidung:
„Liegt der von der Abgabenbehörde angenommene Wiederaufnahmsgrund nicht vor (oder wie hier: wurde kein Wiederaufnahmsgrund angenommen), muss das Verwaltungsgericht den angefochtenen Wiederaufnahmebe-scheid der Abgabenbehörde ersatzlos beheben (vgl. VwGH 30.11.1999, 94/14/0124). Dies gilt sinngemäß auch bei Anwendung des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO."
Die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie bei Förderung aus steuerfreien Zuschüssen, ist um steuerfreie Zuschüsse zu kürzen.
Aus der Entscheidung:
„Das Unternehmen beantragt für ihre Forschungsarbeiten in den Jahren 2009 und 2010 eine Förderung bei der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und für 2010 eine Gazellenförderung bei der WKÖ. Für das Forschungsprojekt xx erhält die Gesellschaft einen Zuschuss in Höhe von 141.600,00 € und einen IKT Bonus in Höhe von 35.400,00 €. Für das Forschungsprojekt yy erhält die Gesellschaft einen Zuschuss in Höhe von 222.900,00 €. Die Gazellenförderung im Jahr 2010 beträgt 9.662,24 €. Für die Forschungsprämie 2009 und 2010 werden die Aufwendungen ohne Abzug der erhaltenen Förderungen geltend gemacht.
Die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie ist daher um die erhaltenen Förderungen im Jahr 2009 in Höhe von 123.900,00 € sowie im Jahr 2010 in Höhe von 174.212,14 € zu kürzen.
In den Beschwerden wird eingewendet, dass kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Forschungsaufwendungen und den steuerfreien Zuschüssen der FFG bestehe, weil ein über den Empfänger hinausgehender Förderungszweck verfolgt werde. Das Ziel aller Aktivitäten der FFG sei die Stärkung des Forschungs- und Innovationsstandortes Österreich im globalen Wettbewerb und damit die nachhaltige Absicherung hochwertiger Arbeitsplätze.
Das Bundesfinanzgericht verweist dazu auf die Rechtsprechung, wie sie zB der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 08.10.2009, RV/2867-W/07, zugrunde liegt. Im Rechtsatz zu dieser Entscheidung ist wörtlich ausgeführt:
"Aufwendungen in steuerfreien Subventionen sind aus den Betriebsausgaben auszuscheiden und stellen in der Folge auch keine Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie dar. Dies ergibt sich bereits aus dem in den Bestimmungen der §§ 20 Abs. 2 EStG und 12 Abs. 2 KStG verankerten Rechtsgrundsatz, wonach fehlender Steuerpflicht auf der einen das Abzugsverbot auf der anderen Seite gegenübersteht."
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22.10.2002, 2002/14/0030, ausgeführt:
"Die ursprüngliche Formulierung, wonach ein Betrag "bis zu 5 vH der abgesetzten Aufwendungen für die Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen" steuerfrei belassen werden kann, schloss die Rechtsansicht, auf die Frage der Absetzbarkeit als Betriebsausgaben komme es nicht an, aus. Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 557/1985, wurde der Forschungsfreibetrag auf 12 % angehoben und ein erhöhter Forschungsfreibetrag von bis zu 18 % geschaffen. Mit dem EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, entfiel das Aktivierungswahlrecht und es verblieben nur die nach altem Recht vorgesehenen Forschungsfreibeträge für die Entwicklung und Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen. Aus den Erläuterungen zu § 4 Abs. 4 EStG 1988, 621 der Beilagen NR 17. GP 65, geht die Absicht des Gesetzgebers hervor, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Forschungsfreibeträge inhaltlich grundsätzlich unverändert zu belassen. Schon die Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 4 EStG zeigt somit, dass der Begriff der "Forschungsaufwendungen" keine Legaldefinition darstellt, sondern - wie dies die Abgabenbehörde zu Recht aus § 20 Abs. 2 EStG 1988 (§ 12 Abs. 2 KStG 1988) abgeleitet hat - all jene Aufwendungen erfasst, die als Betriebsausgaben abzugsfähig und nicht ausdrücklich als Bemessungsgrundlage des Forschungsfreibetrages ausgenommen sind. Ein steuerfreier Forschungsförderungsbeitrag löst ein Abzugsverbot für die in einem klar abgrenzbaren, objektiven Zusammenhang damit stehenden Aufwendungen in gleicher Höhe aus (Hinweis E 14.9.1988, 86/13/0159).“
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.“
Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Gutachtenstätigkeit liegen und bei denen nicht für die Allgemeinheit entscheidendes Wissen erforscht werden soll, sondern lediglich ein konkretes, stellen keine geförderte Forschungstätigkeit dar.
Gegen dieses Erkenntnis wurde eine Revision beim VwGH zur Gz Ro 2015/15/0013 eingebracht, die jedoch mit Beschluss vom 1.6.2017 zurückgewiesen wurde.
Aus der Entscheidung:
„Im Beschwerdefall stehen die strittigen Aufwendungen zur Gänze in Zusammenhang mit Erlösen aus betriebswirtschaftlicher Gutachtenstätigkeit. Die Aufwendungen erfolgten zu dem Zweck, die beschriebenen Beratungsleistungen in der dargestellten Form erbringen zu können. Ausdruck findet diese Tatsache in den erfolgten Abrechnungen. Dabei werden die Honorare zum überwiegenden Teil für Besprechungen und Abstimmungen mit den Auftraggebern verrechnet. Weniger als 1/3 der Stunden werden für die reine Gutachtenserstellung verwendet. Damit kommt zum Ausdruck, dass ein Großteil der Zeit offenbar auf die Sammlung der unternehmensinternen Daten und Bedürfnisse aufgewendet wurde. Daraus ergibt sich einerseits, dass diesbezüglich nicht geforscht wurde und andererseits (durch eine Gesamtbetrachtung), dass kein für die Allgemeinheit entscheidendes Wissen erforscht werden soll, sondern ein Konkretes, nämlich das für den Auftraggeber Relevante. So bezieht sich etwa auch das wissenschaftliche Gutachten "Default Probabilities" zur Gänze auf einen Akt.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 16.3.1989, 88/14/0067) ist eine schwerpunktmäßig beratende Tätigkeit gar nicht wissenschaftlich. Sie bleibt beratend. Die bloße Möglichkeit, dass eine Beratertätigkeit im Einzelfall zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen kann, macht die Tätigkeit ebenso wenig zu einer wissenschaftlicher Tätigkeit wie zB die eines Rechtsanwaltes, der bei der Abfassung einer Rechtsmittelschrift zu neuen rechtswissenschaftlichen Erkenntnissen vorstößt.
Unter diesem Gesichtspunkt kann auch nicht von einer Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit ausgegangen werden. Das Wissen soll ausschließlich der Betriebsführung der Auftraggeber dienen. „
Der Antrag auf Forschungsprämie muss spätestens bis zum Eintritt der Rechtskraft des Körperschaftssteuerbescheides geltend gemacht werden.
Aus der Entscheidung:
„Der Körperschafsteuerbescheid 2012 vom 22. Juli 2013 wurde am 23. Juli 2013 in die databox zugestellt.
Am 3. Dezember 2013 wurde per Fax der Antrag auf Zuerkennung der Forschungsprämie 2012 „E108c“ an das Finanzamt übermittelt. Dieser Antrag wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom 5. Dezember 2013 zurückgewiesen, weil er nach Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2012 eingebracht wurde. Am 13. Dezember 2013 wurde dazu per E-Mail die Bilanz zum 31.12.2012 samt nochmaligem Antrag "E108c" ohne weitere Informationen an den Postkorb des aktenführenden BV-Teams übermittelt.„
Feststellungsbescheide nach § 108c Abs. 9 EStG 1988 sind erst für Wirtschaftsjahre ab dem 01.01.2012 gültig und setzen einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Feststellungsbescheide können nicht über die Auftragsforschung absprechen.
Aus der Entscheidung:
„Wie aus den o.a. Rechtsgrundlagen hervorgeht, sind Feststellungsbescheide nach § 108c Abs. 9 EStG 1988 (erst) für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2011 beginnen, vorgesehen. - Im vorliegenden Fall umfasst der beschwerdegegenständliche Zeitraum jedoch die Jahre 2009-2011.
Auch setzen Feststellungsbescheide nach § 108c Abs. 9 EStG 1988 einen diesbezüglichen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. - Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag iSd § 108c Abs. 9 EStG 1988 aber offenbar nie gestellt.
Weiters betreffen Feststellungsbescheide nach §108c Abs. 9 EStG 1988 ausschließlich die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung. - Im vorliegenden Fall wurden allerdings offenbar gar keine Forschungsprämien für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung, sondern vielmehr Forschungsprämien für Auftragsforschung geltend gemacht (vgl. auch den diesbezüglichen Hinweis des Bf. in der Beschwerde).
Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes hätte das Finanzamt, wenn es der Ansicht ist, dass dem Bf. Forschungsprämien nicht bzw. nicht in beantragter Höhe zustehen, diese in der von ihm als richtig angesehenen Höhe gemäß § 201 BAO festsetzen müssen (vgl. Ritz, BAO, 5. Aufl., § 201 Tz 5). - Eine „Umdeutung“ der hier angefochtenen Bescheide in solche gemäß § 201 BAO erscheint auf Grund des o.a. eindeutigen Wortlautes allerdings als nicht möglich.
Abgesehen davon hat das Finanzamt mit den hier angefochtenen Bescheiden über die verfahrensgegenständli-chen Forschungsprämienanträge des Bf. für Auftragsforschung gar nicht abgesprochen (vgl. nochmals den diesbezüglichen Hinweis des Bf. in der Beschwerde). Somit war mit (ersatzloser) Bescheidaufhebung vorzugehen.
Recherchetätigkeiten sind nur bei technischer Unsicherheit Forschung.
Es wurde eine Revision zur Gz Ra 2015/15/0060 eingebracht. Diese wurde vom VwGH mit Erkenntnis vom 29.03.2017 als unbegründet abgewiesen.
Aus der Entscheidung:
„Im Jahr 2012 wurde für 3 Projekte (rechtzeitig) eine Forschungsprämie beantragt, die laut Gutachten (J13S000852) der Forschungsförderungsgesellschaft (im Folgenden FFG) die inhaltlichen Voraussetzungen des § 108c Abs 2 Z 1 EStG 1988 nicht erfüllen, weil die angewandten Methoden bzw. Vorgangsweisen keine wissenschaftlichen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten darstellen. Das Finanzamt hat daher mit Bescheid vom 14.4.2014 die Forschungsprämie 2012 mit Null festgesetzt.
Untersucht wurde durch Literaturrecherche, Expertengespräche und angewandte Innovationsprojekte, welche Elemente das Potential hinsichtlich Effektivität und Effizienz von Innovationsleistungen beschreiben.
In allen vorliegenden Projekten sei keine wissenschaftlich-technische Unsicherheit vorhanden. Vielmehr handle es sich um Recherchearbeit sowie Zusammen- und Gegenüberstellung von vorhandenem Wissen. Es könne in keinem der Projekte ein Neuheitscharakter erkannt werden. Es würde auch nur auf bekanntes, gesichertes Wissen zurückgegriffen werden und es könne damit zu keiner Erweiterung der wissenschaftlichen Erkenntnis kommen. Ein Projekt baue sogar explizit auf einer Masterarbeit (bestehendes Wissen) auf. Ansonsten handle es sich um Zusammen- und Gegenüberstellung von bereits bekannten Methoden und Tools. Insgesamt folgt der Senat hinsichtlich der hier strittigen Tätigkeiten dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführlich erläuterten Gutachten der FFG: Die in den vorgelegten Unterlagen beschriebenen Tätigkeiten weisen nach dem Gutachten der FFG nicht auf den Gewinn wissenschaftlicher oder technologischer Erkenntnisse hin. In den gegenständlichen Projekten wird von bestehendem Wissen ausgegangen. Der Stand des Wissens wird nicht erweitert. Die beschriebenen Hypothesen weisen darauf hin, dass keine wissenschaftliche oder technologische Unsicherheit gelöst werden soll. Sie sind bereits durch gesichertes Wissen gestützt.
Die FFG hat weder in Ziel und Inhalt, noch in Methode bzw. Vorgangsweise, noch in Neuheit konkrete F&E-Aktivitäten iSd Gesetzes erkannt. Das Ziel der Schwerpunkte/Projekte besteht nicht in der Klärung bzw. Beseitigung einer wissenschaftlichen und/oder technischen Unsicherheit durch eigenbetriebliche F&E.
Zudem zählt Frascati (2002) explizit wissenschaftliche Beratungstätigkeiten sowie Studien zur Unterstützung der Firmenpolitik nicht zu den begünstigten Forschungstätigkeiten. (2.2.2 Abs. 76).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Projekte im Bereich der Programmierung stellen Forschung und experimentelle Entwicklung dar, da sie eine schöpferische Tätigkeit bilden. Sie wurde im konkreten Fall durch Unterlagen und Gutachten belegt.
Aus der Entscheidung:
„Die von der Beschwerdeführerin im Jahr 2011 durchgeführten Projekte im Bereich der Programmierung stellen eine Forschung und experimentelle Entwicklung dar, da sie eine schöpferische Tätigkeit bilden, die auf systemati-sche Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten…
Die Qualifikation der Projekte der Beschwerdeführerin als Forschung und experimentelle Entwicklung wird nach Ansicht des Gerichts überzeugend aus den im Beschwerdeverfahren nachgereichten Unterlagen und Gut-achten dargelegt und wird auch von der belangten Behörde nicht (mehr) bestritten…
Die am 22.10.2012 erlassenen angefochtenen Bescheide der belangten Behörde betreffend die Festsetzung der Forschungsprämie für die Jahre 2009 und 2010 erfolgten daher außerhalb der in § 201 Abs 2 Z 1 BAO normierten Jahresfrist und daher ohne rechtliche Grundlage, weshalb diese gemäß § 279 Abs 1 BAO ersatzlos aufzuheben waren.“
10.11.2016 RV/5101114/2016
Zuerkennung der Forschungsprämie durch das BFG nach Einholung eines geänderten positiven Gutachtens der FFG
Auf Grund eines Vorlageantrags wegen Nichtanerkennung der Forschungsprämie im Beschwerdeverfahren kann das Finanzamt nochmals die FFG einschalten. Kommt die FFG auf Grund dieser Unterlagen im Vorlageantrag nun zu einem positiven Gutachten, kann das Finanzamt bereits im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht das positive Gutachten vorlegen und festhalten, dass die Forschungsprämie zuerkannt werden könne. In diesem Verfahren zeigt sich, wie wichtig es ist, wenn das Finanzamt unmittelbar den Vorlageantrag der FFG vorlegt. Durch diesen Schritt konnte das Rechtsmittelverfahren in kurzer Zeit erledigt werden.
Aus der Entscheidung:
„Strittig war im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde bzw. des Vorlageantrages die Höhe der im Spruch genannten Prämie. Hinsichtlich des bisherigen Verfahrensganges, der ursprünglich anhängigen Streitpunkte und der gesetzlichen Grundlagen für die Zuerkennung der Prämie kann zur Vermeidung wortgleicher Wiederholungen auf den Festsetzungsbescheid (§ 201 BAO) des Finanzamtes vom 25.6.2016 sowie auf die Beschwerdevorentscheidung vom 7.3.2016 verwiesen werden.
Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vom 19.7.2016 führte das Finanzamt aus, dass mittlerweile für das strittige Projekt „Projekt“ aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag eine positive Stellungnahme der Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG, Schreiben vom 13.7.2016 liegt dem BFG vor) vorliege und die Forschungsprämie gewährt werden könne. Lediglich eine bescheidmäßig noch nicht verarbeitete Feststellung anlässlich einer Betriebsprüfung, nämlich eine Verringerung der Prämie aufgrund eines bei deren Berechnung nicht zur Gänze berücksichtigten Zuschusses, müsse noch berücksichtigt werden. Im Ergebnis ergäbe sich dann die im Spruch dieses Erkenntnisses angeführte Höhe der Prämie.“
Eine Wiederaufnahme ist nur rechtskonform, wenn Tatsachen neu hervorkommen oder eine offensichtliche Unrichtigkeit in den Berechnungen zur Forschungsprämie vorliegt.
Aus der Entscheidung:
„Vor diesem Hintergrund waren im Beschwerdefall weder die Voraussetzungen für die Festsetzung der For-schungsprämie gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO (keine neuen Tatsachen), noch die Voraussetzungen für die Festsetzung der Forschungsprämie gemäß § 201 Abs. 2 Z 5 BAO (keine offensichtliche Unrichtigkeit) erfüllt, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass eine Festsetzung der Forschungsprämie gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO zulässig wäre, wenn im Zuge dieses Beschwerdeverfahrens Tatsachen neu hervorgekommen sind oder aufgrund noch durchzuführender Ermittlungen Tatsachen neu hervorkommen und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens dazu geführt hätte, dass die Forschungsprämie nicht in der beantragten Höhe gewährt worden wäre. Ein Umstand (hier: laut Gutachten der FFG die Nicht-Erkennbarkeit konkreter F&EAktivitäten aufgrund der von der Beschwerdeführerin in der Gutachtensanforderung bekanntgegebenen Informationen) kann - wenn er sich zur Gewissheit verdichten sollte- eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 BAO darstellen (vgl. VwGH 24.06.2010, 2006/15/0343).“
Die Zuerkennung einer Forschungsprämie gem. § 108c EStG 1988 setzt eine positive Beurteilung durch die FFG voraus.
Aus der Entscheidung:
„Nach der Stellungnahme der FFG vom 03.05.2017 stellen die Aufwendungen für das "Projekt II" im Jahr 2013 Aufwendungen für Forschung und Entwicklung gemäß § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 dar. Die Bf. beziffert diese Aufwendungen mit 55.812,42 Euro. Das Finanzamt stimmte der Zuerkennung der Forschungsprämie 2013 für Aufwendungen für das „Projekt II“ in Höhe von 55.812,42 Euro zu.
Für das Bundesfinanzgericht bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Zuordnung der Aufwendungen für das "Projekt II“ in den Bereich Forschung und Entwicklung. Die Forschungsprämie 2013 wird daher gemäß § 108c Abs. 1 erster Strich EStG 1988 mit 10% von 55.812,42 Euro, das sind 5.581,24 Euro festgesetzt.“
17.07.2017 RV/3100714/2015
Aufhebungs- oder Wiederaufnahmsgrund ist am (Neu)Festsetzungsbescheid anzuführen
Der erstmalige (Neu)Festsetzungsbescheid gem. § 201 BAO nach erklärungsgemäßer Gutschrift der Forschungsprämie hat den Aufhebungs- oder Wiederaufnahmegrund zu enthalten.
Aus der Entscheidung:
„Mit der Begründung im Festsetzungsbescheid, die sich lediglich darauf beschränkt, dass die Projekte "e2-p - Electronic Entrepreneur Portfolios" und "INSEMOT SME -Information Security Modular Training für SME" die Projekte nach der Stellungnahme der FFG vom 6.11.2014 weiterhin nicht die Voraussetzungen des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 erfüllten, zeigte die Abgabenbehörde nicht auf welcher Aufhebungsgrund vorgelegen hat beziehungsweise welche Tatsachen neu hervorgekommen sind, das ein Abgehen von der Gutschrift mit Festsetzungsbescheid rechtfertigen hätte können. Das Jahresgutachten der FFG stellt ein Beweismittel dar, das der freien Beweiswürdigung unterliegt und vom zuständigen Finanzamt vor der Entscheidung über den Prämienantrag zu würdigen ist. Im Beschwerdefall hat sich die Abgabenbehörde bislang nicht mit dem Gutachten vom 9.9.2013 und der Stellungnahme vom 6.11.2014 der FFG sowie mit den ergänzenden und zulässigen Sachverhaltsvorbringen der Bf. inhaltlich auseinandergesetzt und demzufolge keinerlei sachverhaltsbezogene Feststellungen in einer ihr obliegenden eingehenden Beweiswürdigung getroffen.
Da die Abgabenbehörde den Festsetzungsbescheid vom 13.11.2014 weder auf einen Aufhebungsgrund noch auf einen Wiederaufnahmegrund gestützt hat, musste das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben.“
05.01.2018 RV/5101157/2017
Patent rechtfertigt nicht immer Forschungsprämie; Stunden des forschenden Geschäftsführers können geschätzt werden.
Einer Erfindung fehlt das Element der „Neuheit“ bzw der „technologischen Unsicherheit“, wenn keine neue Technologie erfunden, sondern nur eine bestehende Technologie erweitert wurde. Eine Patentierung dieser Erfindung ändert daran nichts, es liegt nach Ansicht des BFG keine Forschung und Entwicklung vor.
Bei Geschäftsführern kann der Forschungsaufwand als Anteil der Arbeitszeit geschätzt werden, wenn grundsätzlich Zeitaufzeichnungen für den Geschäftsführer vorliegen. Vorhandene Aufzeichnungen dürfen nicht pauschal ohne weitere Ermittlung als unrichtig abgelehnt werden.
Der BFG-Entscheidung ist zu entnehmen, dass es dem Unternehmen nicht gelungen ist, neue technische Tätigkeiten und die technischen Unsicherheiten zu beschreiben. Der Hinweis auf eine Patentierung war offenbar nur allgemein gehalten; offensichtlich ist die Patentschrift nicht vorgelegt worden. Ansonsten ist nicht erklärbar, wieso eine Patentierung möglich war, ohne dass eine Neuheit vorliegt.
Eine Gesamtjahresarbeitszeit eines Geschäftsführers in Höhe von 2.400 Stunden erscheint realistisch, sodass aufgezeichnete Forschungsstunden von 1681 Stunden (rd. ca. 70% seiner Gesamtarbeitsstunden) denkbar sind.
Aus der Entscheidung:
„In Tz 84 des Frascati Manual in der Fassung 2002 ist als grundlegendes Kriterium für die Abgrenzung von Forschung und Entwicklung von verwandten Tätigkeiten das Vorhandensein eines nennenswerten Elementes der Neuheit sowie die Lösung einer wissenschaftlichen oder technologischen Unsicherheit angeführt: ……. 'an appreciable element of novelty and the resolution of scientific and/or technological uncertainty.'
Die Forschungsprämienverordnung definiert Forschung und experimentelle Entwicklung als schöpferische Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu erweitern sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Essentiell ist somit, dass die Tätigkeit etwas „Neues“ hervorbringt und den Wissensstand in dem erforschten Fachgebiet erweitert. Nichts anderes als diesen Neuheitsaspekt spricht auch die Wortfolge „the resolution of scientific and/or technological uncertainty, i. e. when the solution to a problem is not readily apparent to someone familiar with the basic stock of common kowledge and techniques for the area concerned“ in Tz 84 des Frascati Manual an.
Dabei darf die Lösung, mit der eine bisher bestehende Wissenslücke geschlossen werden soll, für einen Fachmann nicht offensichtlich sein. Die angestrebte Lösung muss insofern über den bisherigen Wissensstand hinausgehen, als dass sie sich nicht als für einen Fachmann offensichtliche Lösung anbietet.
Auch nach Lenneis/Jakom, § 108c, Rz 5 sind Aufwendungen begünstigt, die der Forschung und Entwicklung dienen und systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt werden. Zielrichtung müsse es sein, den Stand des Wissens zu vermehren und neue Anwendungen des Wissens zu erarbeiten. Wesentlich sei ein Element der Neuheit und der technologischen Unsicherheit (Tz 84 Frascati Manual).“
[...]
Die geschilderten Vorgänge sind ingenieursmäßige Umsetzungen bestehender Technikelemente und stellen Weiterentwicklungen dar. Verkleinerungen von Elementen oder Wertanalysen sind keine F&E-Tätigkeiten. Auch aus der Projektdokumentation „Verteilergetriebe“ (zum Stand der Technik) ergibt sich, dass hier eine Weiterentwicklung bestehender Technologien vorliegt. Damit fehlt der Erfindung das Element der „Neuheit“ bzw. der „technologischen Unsicherheit“, da keine neue Technologie erfunden, sondern nur eine bestehende Technologie erweitert wurde. Eine Patentierung dieser Erfindung ändert daran nichts.
[...]
Abgesehen davon, dass die Finanzverwaltung die angebotenen Zeugen nicht befragt hat, liegen im Fall des Geschäftsführers V Aufzeichnungen vor. Wenn die Finanzverwaltung einerseits bemängelt, dass Stundenaufzeichnungen bei Bediensteten nicht vorliegen und aus diesem Grund die Aufwendungen nicht anerkennt, erscheint es inkonsequent, bei anderen Personen vorliegende Aufzeichnungen dann pauschal ohne weitere Ermittlung für unrichtig zu erklären.
06.02.2018 RV/5101132/2017
Antrag auf Forschungsprämie ist im Rahmen einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO zulässig
Der Antrag auf Geltendmachung einer Forschungs-, Bildungs- und Lehrlingsausbildungsprämie ist spätestens bis zur Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides möglich, daher beispielsweise auch im Rahmen einer Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO.
Aus der Entscheidung:
„Im Zurückweisungsbescheid vom 11.10.2016 wurde die Eingabe vom 20.09.2016 betreffend Forschungs-, Bildungs- und Lehrlingsausbildungsprämie für das Jahr 2012 zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Körperschaftsteuerbescheid für 2012 am 28.11.2013 ergangen und daher rechtskräftig sei.
Nach Abschluss einer abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt im wiederaufgenommenen Verfahren entsprechend den Feststellungen des Prüfers (betreffend Leihautos, Werbeaufwand und Mieten unbeweglicher Wirtschaftsgüter) am 17.02.2017 geänderte Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2012, 2014 und 2015.
Mit Schreiben vom 22.02.2017 übermittelte die Beschwerdeführerin (Bf.) innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist des Körperschaftsteuerbescheides für 2012 das Formular E 108c zur Geltendmachung der Forschungs-, Bildungs- und Lehrlingsausbildungsprämie für 2012.
Im Zurückweisungsbescheid vom 02.03.2017 vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass eine neuerliche Beantragung im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens der Körperschaftsteuer nicht vorgesehen und daher als verspätet zurückzuweisen sei.
Rechtslage:
Gemäß § 108c Abs. 3 EStG können die Prämien erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides.
Erwägungen
Die Gesetzesmaterialien (ErlRV zum AbgÄG 2005; 1187 BlgNR XXII. GP) führen erläuternd zu § 108c Abs. 3 EStG dazu aus: „Um sicherzustellen, dass sämtliche prämienbegünstigte Vorgänge grundsätzlich jeweils in einem einzigen Antrag berücksichtigt werden, können die Prämien frühestens nach Ablauf des Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden. Der Antrag ist spätestens bis zur Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides möglich, daher beispielsweise auch im Rahmen einer Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO.“
Zorn vertritt im Kommentar EStG Hofstätter/Reichel zu § 108c EStG, Tz 13, ebenfalls die Ansicht, dass der Eintritt der Rechtskraft sehr weit zu interpretieren ist. Es ist nicht nur die Zeit bis zum Ablauf der Beschwerdefrist bzw. dem Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung erfasst, sondern darüber hinaus alle Fälle, in denen bereits rechtskräftige Bescheide aus dem Rechtsbestand ausscheiden und neue Bescheide erlassen werden, insbesondere der Fall einer Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO.
Im gegenständlichen Fall ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes daher nicht maßgeblich, dass bereits am 11.10.2016 eine bescheidmäßige Zurückweisung wegen verspäteter Einbringung erfolgt ist. Die vom Finanzamt in diesem Zurückweisungsbescheid vertretene Meinung, dass Anträge iSd § 108c EStG nur bis zur erstmaligen Rechtskraft des Körperschaftssteuerbescheides eingereicht werden können, wird nicht geteilt. Für das Bundesfinanzgericht ist im Zuge des wiederaufgenommenen Verfahrens eine neuerliche Antragstellung zur Geltendmachung der Prämien zulässig. Insbesondere auch deshalb, weil mit den Wiederaufnahmegründen in der Sachlage eine Änderung eingetreten ist und daher auch keine entschiedene Sache vorliegt und gegenständlich der Rechtsrichtigkeit gegenüber der Rechtsbeständigkeit Vorrang einzuräumen ist.“